Nein-Sagen ist schwierig. Aber erfolglose Abgrenzung im Job oder im Privaten führt dazu, dass Sie immer wieder Aufgaben übernehmen, die Sie eigentlich nicht übernehmen wollten.
Damit sind Sie in guter Gesellschaft. 80% der Bevölkerung können eine Bitte nicht ausschlagen und ärgern sich häufig anschliessend darüber.
In Betrieben funktionieren viele Prozesse und Muster nur, weil Mitarbeiter keine klare Grenze ziehen und Aufgaben zusätzlich übernehmen obwohl die Kapazitäten längst erschöpft sind.
Inhaltsübersicht
5 Tipps für erfolgreiche Abgrenzung und Nein Sagen
Natürlich passt nicht jeder Tipp zu Ihnen und wie oben beschrieben sind Hilfsbereitschaft und Kompetenz für die Übernahme von Aufgaben auch persönliche Stärken. Die folgenden Tipps zur Abgrenzung haben sich in der Praxis aber oft bewährt:
1. Keine vorschnelle Entscheidung. Lassen Sie sich nicht zu einer vorschnellen Entscheidung drängen. Nehmen Sie die Anfrage auf und sagen Sie Ihrem Gegenüber „Ich muss mir dazu erst Gedanken machen und melde mich dann bei dir“. Das gibt dem Gesprächspartner das Gefühl ernst genommen zu werden und verschafft Ihnen wertvolle Zeit über das Thema nachzudenken.
2. Nachdenken. Machen Sie sich Notizen um nicht in Denkspiralen abzufallen:
- Was genau bedeutete die Anfrage für Sie und für Ihr Gegenüber? Was steckt ggf. hinter der Anfrage und warum ist sie so wichtig für Ihr Gegenüber? Wenn Sie mehr Hintergründe verstehen, können Sie ggf. Varianten einer Zustimmung oder Ablehnung finden, mit der sie beide gut leben können.
- Warum sind Sie gefragt worden (und nicht ein Anderer) ?
- Wer könnte die Aufgabe idealerweise machen? Hier aber aufpassen, dass Sie nicht anfangen die Verantwortung für die Aufgabe zu übernehmen indem Sie sich jetzt verzweifelt nach Lösungen umschauen, um nicht selber die Aufgabe übernehmen zu müssen.
- Welche Pro und Kontra Argumente fallen Ihnen ein, die Aufgabe zu übernehmen. Gerade im beruflichen Umfeld: Welche anderen Aufgaben können Sie dann bis zum Zeitpunkt X nicht erledigen. D.h. das Aufzeigen von Konsequenzen, damit der Vorgesetzte abwägen kann wie wichtig im das Thema ist. Wenn Sie ein Ja erwägen: Definieren Sie die Voraussetzungen dafür, die Ihr Gegenüber ermöglichen oder akzeptieren muss, bevor Sie zusagen.
- Wie gut passt die Aufgabe zu Ihren persönlichen Zielen und wie wichtig nehmen Sie sich und Ihre Bedürfnisse selber?
3. Für die eigene Haltung werben. Haben Sie Argumente, die durch Ihr Gegenüber schwer entkräftbar sind? Lamentieren über „zu viel Stress“ oder „im Moment keine Zeit“ zählen nicht dazu. Wenn nicht: Argumentieren Sie mit Werten und Verhaltensprinzipien, z.B. „Wenn ich etwas annehme, dann möchte ich auch das Gefühl haben, dass ich es verbindlich leisten kann ohne mich selber in eine missliche Situation zu bringen. Im Moment ist das nicht der Fall und ich möchte dich daher bitten, dass du jemand anderen fragst.“ Oder „Ich verleihe prinzipiell kein Geld an Freunde da ich glaube, dass das eine Beziehung belastet. Kann ich dir irgendwie anders helfen?“
4. Klarheit. Nur wenn Sie innerlich klar sind, können Sie das auch ausstrahlen und in Worte fassen. Seien Sie klar, mental und verbal. Machen Sie sich die Motivation und Hintergründe Ihres Gegenübers vorher klar und wie Sie darauf reagieren wollen. Formulieren Sie spezifische Argumentationen für mögliche Forderungen. Formulieren Sie „Austrittsfloskeln“, d.h. was werden Sie sagen, wenn Ihnen keine guten Argumente einfallen – Sie die Aufgabe aber trotzdem nicht übernehmen wollen?
5. Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung. Ein Nein wird häufig nicht akzeptiert. Neue Argumente werden ins Feld geführt, andere Strategien eingesetzt. Machen Sie sich wie oben beschrieben Ihre Haltung vorher klar. Zeigen Sie Verständnis und Wertschätzung für die Anfrage Ihres Gegenübers aber bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung! Wiederholen Sie Ihre Wertschätzung und Argumente. Bleiben Sie bewusst auf der Ebene der Prinzipien und Werte. Lassen Sie sich nicht auf einer Detailebene überrennen, indem Ihr Gegenüber eines Ihrer Argumente entkräftet. Wenn Sie nicht mehr weiter kommen zurück zu Tipp 1.
Warum ist es oft so schwer Nein zu sagen?
- Es für Sie kurzfristig der Weg des geringsten Widerstandes. Sie ersparen sich die negativen Reaktionen Ihres Gegenübers.
- Eine Bitte ist vermeintlich ein Beweis für eine gute bestehende Beziehung. Oft wird direkt um Sie geworben mit schmeichelnden Zuschreibungen. Ein Nein erscheint da sehr hart und unfreundlich und egoistisch.
- Sie werden überrumpelt. Im Moment haben Sie keine guten Argumente für ein Nein. D.h. Sie sagen schnell ja, auch um unangenehme Nachfragen für die Ablehnung zu vermeiden.
- Sie haben Angst vor negativen Konsequenzen und Ablehnung, die ein Nein nach sich ziehen könnte. Sie könnten ggf. aus einer Gruppe herausfallen, einen wichtigen Kontakt verlieren, Verantwortungsbereich verlieren usw. Gruppenzwang spielt dabei auch häufig eine Rolle. Wenn es alle machen
- Sie sind sich unklar über den Nutzen und Aufwand. Einerseits bedeutet die angetragene Bitte Chancen. Auf der anderen Seite Aufwand. Diese innere Klärung macht ist notwendig um auch nach Außen klar zu sein.
Vorsicht bei Strategien der Anderen, die Sie überreden wollen
Wenn Sie jemand um einen Gefallen bittet, dann ist er klar im Vorteil. Er hatte bereits die Chance sich Argumente bereit zu legen und Strategien zu erarbeiten, wie er ein Ja von Ihnen bekommt. Je nach Erfolg und Persönlichkeit können Sie – ggf. in wechselnder Abfolge und Kombination – mit folgenden Strategien rechnen. Machen Sie sich wenn möglich vorab Gedanken, wie Sie jeweils reagieren wollen.
- Mitleid in Verbindung mit Schmeicheleien und Komplimenten. Wem könnte man eine Bitte abschlagen, wenn man doch so freundlich gefragt wird und es der Andere doch so schwer hat? Wenn Sie das Vorgehen nicht bereits zu häufig bei der Person erlebt haben, ist das nicht leicht abzuwehren.
- Überrumpelung. Es wird ein Anliegen an Sie herangetragen und Ihnen sehr schnell eine Entscheidung abverlangt oder gar in den Mund gelegt.
- Druck oder Erpressung als letztes Mittel. Auch hier sollten Sie sich Zeit nehmen um zu überlegen, wie Sie damit umgehen wollen. Auf welchen Werten beruht eine Beziehung, in der solche Strategien eingesetzt werden? Ist der andere überhaupt in der Position und der Lage diese Androhungen auch umzusetzen? Hier bedarf es nach eigenen Überlegungen vielleicht auch den Rat einer vertrauten Person um eine Fremdmeinung zu bekommen.
Mit Abgrenzung zu besserer Stress Prävention
Die Folgen von fehlender Abgrenzung sind zweierlei:
- Eine zusätzliche Belastung bedeutet für Sie, dass Sie die vorhandene Zeit auf noch mehr Aufgaben verteilen. Entweder zieht sich die Fertigstellung von Aufgaben dann noch länger oder es bleiben immer wieder Aufgaben liegen. Berge an Arbeit vor sich herzuschieben ist demotivierend. Manch einer kann damit gut umgehen – viele aber auch nicht.
- Zweitens werden Sie vielleicht inneren Groll oder Ärger verspüren, wenn Sie ganz aufmerksam sind. Ärger über den Bittsteller, dass er seine Aufgaben bei Ihnen abgeladen hat. Aber wenn Sie noch genauer hinschauen werden Sie auch Ärger über sich selbst entdecken: Sie haben es (wieder einmal) nicht geschafft Nein zu sagen. D.h. Sie haben etwas zugesagt, das Sie eigentlich nicht wollten und jetzt müssen Sie es liefern.
Im Kleinen mag das nicht wirklich relevant sein. Aber meist stellt das Verhalten ein Muster dar, welches dysfunktional ist und zu Stress, Unzufriedenheit, Ärger bis hin zu Burnout führen kann.
Im Privaten sind das häufig die „Helfertypen“, die über ihre persönliche Grenze und Bedürfnisse gehen. Im beruflichen Umfeld sind es oft die Leistungsträger. Diejenigen bei denen man davon ausgeht, dass die Arbeit auch gemacht wird und Lösungen entstehen. Das sind in beiden Fällen auch wichtige Qualitäten und vermutlich auch Charakteristika, auf die Sie stolz sind.
Spätestens aber wenn Verschleißerscheinungen, zunehmende innere Unzufriedenheit, Ausgelaugtheit, Stress oder gar Burnout Symptome entstehen, sollten Sie Ihre Muster und Ihr Verhalten auf den Prüfstand stellen.
Literaturtipps
Mit etwas Selbstreflektion können Sie vielleicht eigene Muster durch die obigen Beschreibungen erkennen. Und Sie können versuchen sich Strategien zu erarbeiten, die zu Ihnen passen. Und dann gilt es diese im Alltag auszuprobieren und ggf. anzupassen.
Ergänzend haben Sie vielleicht Spaß an ergänzender Literatur
- Bin ich hier der Depp (Wehrle) » Vielleicht etwas umgangssprachlich und platt. Aber gut lesbar und durchaus mit vielen Wahrheiten aus der Praxis. Der Autor hat auch noch viele weiter, ähnliche Bücher auf den Markt gebracht.
- Oder ein ergänzender Artikel im Internet zu Abgrenzung im Job.
Coaching in meiner Praxis in Nürnberg
Nein-Sagen ist für die meisten Menschen alles andere als einfach. Coaching hilft Ihnen bei mehr innerer und äußerer Klarheit. Und die ist wichtig, damit Sie sich gut abgrenzen und sich gleichzeitig auch gut dabei fühlen.
Abgrenzungssituationen kann man sehr gut in Rollenspielen nachstellen. Im speziellen Coaching zum Thema Abgrenzung kann Ihnen dabei durch geschicktes Fragen helfen Ihre eigenen Muster und inneren Motivationen klarer zu machen. Zusammen mit Abgrenzungstechniken entwickeln Sie daraus gemeinsam neue Verhaltensstrategien. Diese testen Sie zunächste wieder in einem Rollenspiel mit dem Coach. Und dann kommt die Umsetzung im Alltag und ggf. noch eine Runde der Verfeinerung.
Das Ziel dabei ist, dass Sie sich selber klarer werden und sich und Ihren Bedürfnissen noch besser gerecht werden können. Geeignete Techniken sollen Sie dabei unterstützen. Manchmal liegen Muster auch etwas tiefer verankert – auch hier gibt es Möglichkeiten die Ursachen besser zu verstehen und neue Verhaltensweisen zu ermöglichen. Lassen Sie sich überraschen.
Gerade auch beim Stressabbau und Prävention von Burnout ist Abgrenzung und Nein-Sagen ein sehr wichtiges Element. Das gilt sowohl für den Beruf als auch das private Umfeld. Ich biete für das Thema Abgrenzung auch ein „Coaching-Paket“ an. D.h. ein gut durchdachtes Vorgehen mit einem definierten Zeitumfang, das im Normalfall bereits gute Effekte zeigen sollte.